Hollitzer trifft

Der Podcast von TA-Chefredakteur Jan Hollitzer aus dem Herzen Deutschlands

"Hollitzer trifft"-TV zur Asylpolitik: "Wir stecken in einer Krise"

Hollitzer trifft

Veröffentlicht am 14.12.2023 / 20:43

Anmerkungen

Die Flüchtlingssituation in Thüringen ist prekär. Das Land hat nicht nur eine hohe Zahl von Asylbewerbern zu bewältigen, es streitet sich über Fragen der Zuständigkeiten. Erst kürzlich musste Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) einen herben Rückschlag einstecken, denn im Dezember hatte das Innenministerium die Verantwortung für den Migrationsbereich vom bis dahin zuständigen Migrationsministerium übernommen. Spitzenverbände warfen der Politikerin mangelhafte Kommunikation vor. Kritisiert wurde auch, dass die Kapazitäten in Erstaufnahmeeinrichtungen erschöpft sind. Kein gutes Zeugnis, das der Landesregierung aktuell in Sachen Migration ausgestellt wird.


Spitzenverbände warfen der Politikerin mangelhafte Kommunikation vor. Kritisiert wurden auch unzureichende Kapazitäten und zum Teil menschenunwürdige Zustände in Erstaufnahmeeinrichtungen und Unterkünften. Landkreise und Kommunen sind überfordert, obgleich leidenschaftlich engagiert. Kein gutes Zeugnis, das der Thüringer Landesregierung in Sachen Migration ausgestellt wird.


Dieser Problematik nimmt sich der aktuelle Video-Podcast „Hollitzer trifft – Der Talk“ in Kooperation mit „Oscar am Freitag“ an. In diesem diskutiert TA-Chefredakteur Jan Hollitzer mit Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), der Thüringer Integrationsbeauftragten Mirjam Kruppa (Grüne) und Thüringens CDU-Chef Mario Voigt die angespannte Lage im Land.


Menschenunwürdige Verhältnisse in Suhl und Hermsdorf

Gleich zu Beginn macht Kruppa ihren Standpunkt deutlich. Für Asylsuchende und deren Inte­gration würden die Haushaltsmittel im kommenden Jahr nicht ausreichen. Ihr Vorwurf gilt der CDU. Die hatte die Landesregierung unter anderem dazu aufgefordert, Sonderprogramme für die Aufnahme von Flüchtlingen auslaufen zu lassen. Dies ist noch zu entscheiden. Dennoch zeigt sich der Christdemokrat Voigt überaus zufrieden mit der Einigung auf einen Haushalt. Integrationskurse für Asylbewerber? - Unnötig, findet er. Lieber solle man schauen, dass man die Asylbewerber schnell in sozialversicherungspflichtige Jobs bekomme oder zu gemeinnütziger Arbeit verpflichte.


Kruppa hält dagegen. Um zu arbeiten, seien Deutschkenntnisse notwendig. Sie habe noch nie einen Asylbewerber kennengelernt, der nicht arbeiten wolle. Sie wird mit Blick auf Voigt deutlich: „Durch ihre Politik unterstellen Sie, dass es die Mehrheit ist.“ Voigt dazu: „Ich schaue nur auf die reellen Zahlen.“ Im Eichsfeld seien mehr als 500 Ukra­iner untergebracht. Nur 15 davon gehen sozialversicherungspflichtigen Jobs nach, sagt er. Und, als Christ sei ihm wichtig, dass die Menschen nicht in unwürdigen Zuständen hausen müssen, wie es derzeit in Erstaufnahmestellen und Unterkünften der Fall sei.


Der kurze Schlagabtausch ist nur Vorwehe für eine Debatte, die sich noch rund um das Thema Migration entfachen soll. Denn nun schaltet sich Thüringens Innenminister Maier ein. Ja, die Lage in den Kommunen und auch im Land sei angespannt. Wenn man sich die Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl anschaue, könne man sagen, „wir stecken in einer Krise“. Auf die Nachfrage von Hollitzer, ob Thüringens Migrationsministerin Denstädt doch nicht das Problem gewesen sei, antwortet Maier: „Es liegt niemals nur an einer Person.“ Anschließend geht er auf seine neue Verantwortung ein, die in der Vergangenheit übrigens schon einmal im Innenministerium lag. Er wurde nun beauftragt, die Lage in den Griff zu bekommen. Gewünscht habe er sich das nicht, schon gar nicht so kurz vor der Wahl, sagt er. Aber die Probleme drängen. Es müsse dafür gesorgt werden, die Erstaufnahmen zu entlasten und weitere Unterkünfte zu schaffen. Dafür müssten die Kommunen mitspielen und die seien an der Erschöpfungsgrenze.


Asylsuchende oder Fachkräfte? Die Frage spaltet die Gemüter

Deswegen – wirft Voigt ein – gelte: „Unser Herz ist groß, unsere Mittel sind begrenzt.“ Lösungen sieht er in Sach- anstelle von Geldleistungen, Bezahlkarten für Flüchtlinge, schnelleren Abschiebungen, Aufnahmestopp für Asylsuchende und Verfahren in sicheren Drittstaaten. Man müsse beginnen, die Flüchtlingsströme wirtschaftlich zu betrachten: „Wer braucht unsere Hilfe und wen wollen wir aufnehmen?“ Die Trennung – Asylsuchende und Fachkräfte – trifft bei Kruppa auf wenig Gegenliebe. Sie meint, dass Asylsuchende auch eine Chance für den Arbeitsmarkt darstellen.


Maier hält dagegen, man solle nicht schönreden, dass nur diejenigen kommen, die man auch brauche. Über das Mittelmeer kämen aufgrund der gefährlichen Reise vor allem junge Männer. Und mit ihnen auch Probleme, wie eine anteilig erhöhte Kriminalität. Es brauche geordnete Verfahren, um irreguläre Migration zu stoppen und das Sterben auf dem Mittelmeer zu verhindern. Das liege aber außerhalb von Thüringens Wirkungsbereich und sei eine Aufgabe, für die Europa eine Lösung finden müsse.